Für die Hinterbliebenen ist die Erinnerung an einen geliebten Menschen allgegenwärtig: Der unsagbare Verlust bleibt in jeder Sekunde spürbar und ist in seiner Gänze dennoch unvorstellbar. An der Begräbnisstätte des Verstorbenen kann der Tod jedoch einen Teil seiner Unwirklichkeit verlieren. Am Grab wird fühlbar: Hier wurde der geliebte Mensch der Erde übergeben, hier müssen wir loslassen. Friedhöfe sind daher als Stätten der Stille und Besinnung konzipiert, die Raum zur Begegnung ebenso wie zur Einkehr lassen. Der Besuch an der Begräbnisstätte kann die Unwiderruflichkeit des Todes begreifbar werden lassen – indem wir hier zur Ruhe kommen, trauern und Zwiesprache halten.
Ein Ort mit langer Geschichte
Der christlich angelegte Friedhof blickt auf eine lange Geschichte zurück. Die Erdbestattung gelangte im Jahr 391 mit der Anerkennung des Christentums in kirchliche Verantwortung. Die geweihten mittelalterlichen Kirchhöfe („Coemeterium“, z. dt. Ruhestätte) wurden von Mauern umschlossen, die den Raum der Toten von dem der Lebenden abgrenzten. Die Bestattung selbst fand in der nahen Umgebung von Reliquien statt, um die Auferstehung der Verstorbenen von den Toten zu ermöglichen. Die im 16. Jahrhundert aufkommende Reformation lehnte allerdings die Verehrung von Reliquien ab und empfahl stattdessen einen schlichten „Gottesacker“ außerhalb der Stadt. Doch auch die reformierte Bestattung konzentrierte sich auf die Verkündigung der Auferstehung, als Hoffnung und Trost für die Hinterbliebenen. Im 20. Jahrhundert sollte dagegen die Gleichheit aller Menschen auch über den Tod hinaus verdeutlicht werden – die Grabzeichen wurden entsprechend vereinheitlicht. Am Ende des 20. Jahrhunderts verändert sich die Friedhofsgestaltung noch einmal grundlegend: Begräbnisstätten sind heute individualisierbare Orte des persönlichen Abschieds.
Grabgestaltung als Trauerhilfe
Das liebevolle Gestalten der Grabstätte kann für die Hinterbliebenen ein tröstlicher Prozess sein. Mit der Frage, was dem Verstorbenen gefallen würde, nähern wir uns der unfassbaren Situation und kommen dem geliebten Menschen noch einmal nahe. Das Abschiednehmen wird zur aktiven Handlung. Wir machen uns bewusst: Hier liegt der Mensch begraben, den wir kannten und liebten – und so soll seine letzte Ruhestätte aussehen.