Wer einen geliebten Menschen verliert, der findet sich voll Trauer von einem Augenblick zum nächsten in einer veränderten Welt. Alles scheint unwichtig, unwesentlich, sinnlos – stattdessen öffnet sich ein bodenloser Abgrund, in dem Worte und Perspektiven verschwinden. Hilflosigkeit macht sich breit – bei dem Trauernden ebenso wie seinem Umfeld, das helfen will, es aber kaum kann.
Die Zeit heilt alle Wunden – auch die des Verlustes.
Ein Verlust ist schwer zu ertragen. Er reißt den Trauernden vollkommen aus seinem gewohnten Alltag – und in gewisser Weise aus der Gesellschaft, der er sich zuvor verbunden fühlte. An ihre Stelle tritt ein unberechenbares Gewirr aus widerstreitenden Gefühlen: Schmerz, Trauer, Unverständnis, Wut. Ein unwiederbringliches Abschiednehmen ist rational nicht zu begreifen. Sich dem anzunähern ist ein Prozess, der vollkommen individuell verläuft und seine Zeit braucht. Nur der Trauernde allein kann seinen Weg aus der Dunkelheit finden.
Dem Umfeld des Trauernden bleibt dabei nur eines: Verständnis. Durchläuft ein Mensch die Phasen des Trauerprozesses, schütteln ihn die unterschiedlichsten Gefühle – die nur geduldig und rücksichtsvoll hingenommen werden können. Alles, was gerade nicht essenziell ist, sollte vom Trauernden ferngehalten werden. Wichtig ist jetzt nur, zu verarbeiten, was kaum zu fassen ist. Dazu gehört auch: Die Gestaltung von und die Teilnahme an der Bestattung. So schwer es auch ist, einen Menschen der Erde zu übergeben, so macht es den Verlust doch etwas greifbarer.
Insbesondere das erste Jahr ist für Trauernde schwer – nicht grundlos war es früher üblich, ein Jahr lang Trauer zu tragen. Der erste Geburtstag ohne den Verstorbenen, der erste Todestag, das erste Weihnachtsfest – all diese „ersten Male“ sollten bewusst durchlebt werden. Es gilt, Trauernden zu erlauben, eine ganze Weile nicht so zu funktionieren, wie man es von ihnen gewöhnt ist. Kein trauernder Mensch ist bereits nach kurzer Zeit wieder der Alte. Doch mit der Zeit wird er mehr und mehr zurückkehren in den Kreis seiner Mitmenschen. Halten Sie sich das vor Augen und geben Sie ihm die Zeit, die er braucht.
Trauer: Eine Liebeserklärung an einen Menschen, der gegangen ist.
Die Dauer der Trauerzeit sagt nichts darüber aus, wie sehr der Verstorbene geliebt wurde oder wie schmerzvoll der Verlust erlebt wird. Schuldgefühle sind an dieser Stelle fehl am Platze; stattdessen kann es tröstlich sein, regelmäßig Erinnerungsstücke, Fotos oder Orte anzusehen, die mit dem Verstorbenen verbunden sind. So bleibt der geliebte Mensch auf eine Weise lebendig – losgelöst davon, wie lange der Verlust zurückliegt. Auch Gespräche mit Menschen, die ebenfalls jemanden verloren haben, können helfen. Sie wissen: Es wäre nie der Wunsch des Verstorbenen gewesen, dass ihre Hinterbliebenen fortwährend leiden. Auch der Schritt zurück in ein normales Leben gehört zum Trauerprozess – und ist ein wichtiges Zeichen der Liebe zu dem Menschen, der gegangen ist, ohne je ganz fort zu sein.